Röthner Schlössle – Blick in die Geschichte

Die Gemeinde Röthis erwarb 1981 das unter Denkmalschutz stehende Röthner Schlössle. 1989 wurden die umfangreichen Renovierungsmaßnahmen abgeschlossen. Heute ist das Röthner Schlössle Sitz der Gemeindeverwaltung und des Standesamtes.

Das Schlössle zählt zu den ältesten Ansitzen in Vorarlberg.

Baugeschichte
15./16. Jh.        vermutetes Erbauungsdatum
1607                 dendrochronologisch nachgewiesene Bauzeit des Dachstuhls
1967                 Unterschutzstellung (Denkmalschutz)
1981                 Kauf durch die Gemeinde
1987 – 1989     Restaurierung
seit 1989          Sitz Gemeindeamt mit Standesamt

Wie alles begann
Das Gebäude wurde um 1500 als adeliger Gutshof inmitten der Weingärten, Obstgärten und Felder errichtet. Die Feldkircher Patrizierfamilie Litscher baute hier ihren Wein an und wohnte auch teilweise in Röthis.

Im Gegensatz zu den sonst üblichen Bauernhäusern aus Holz wurde hier großzügig und in Stein gebaut, im Typus der in Vorarlberg im Spätmittelalter und der Frühneuzeit üblichen Landadelssitze – ein einfacher, dreigeschossiger, rechteckiger Baukörper aus Steinmauerwerk (Bruchstein), ein zweistöckiger Dachstuhl mit Satteldach und ein Stiegenhausturm an der Westseite. Das oberste Geschoss dieses Anbaus ist in Fachwerktechnik aufgesetzt.

Im Lauf der Jahrhunderte wechselten die Besitzer und auch die Nutzungen des Schlössles. Es wurde immer wieder umgebaut und modernisiert. Die Familie Frey von Schönstein lebte hier rund 200 Jahre (1550 bis 1777), vor allem in diese Zeit fallen viele kulturhistorisch wichtige Adaptierungen. Das ist zum Beispiel die für Vorarlberg einmalige Architektur-Renaissance-Bemalung des Saales in Grisaille-Technik. Diese grau-in-grau Bemalung wurde erst wieder im Zuge der Sanierung entdeckt und aufwändig restauriert. Der Saal wurde um 1670 mit einer Holz-Kassettendecke ausgestattet, die Sonnenuhr glänzt seit 1672 an der Südfassade und auch die 1754 eingebauten barocken Stuckdecken im 2. Obergeschoss zeugen davon, dass die Familie Frey von Schönstein hier wohnte und sich standesgemäß repräsentierte.

Anschließend lebte im Schlössle die Familie Clessin, die den älteren Röthnern noch in den Ortsbezeichnungen "Clessis Halda" und "Clessis Bühel" ein Begriff ist. Von dieser Patrizierfamilie wurde 1836 das Schlössle über das Bregenzerische Wochenblatt feilgeboten. Interessant ist, dass hier der "Freyersche Hof" in einer genauen Auflistung beschrieben wurde. Von Stallungen für 20 Stück Hornvieh, über einen Torkel und Laufbrunnen bis hin zu Obstbäumen und Weinreben.

Wohnhaus für Bauern gelangt in Gemeindehand
Nach diesem Verkauf war der ehemalige Adelssitz in bäuerlichen Händen. Die Bewohner adaptierten das Gebäude entsprechend ihrer Bedürfnisse, bauten eine neue Stiege ein, verlegten den Eingang und machten aus dem ehemals prunkvollen Saal einfache Wohnräume.

Im 20. Jahrhundert hatte das Schlössle zuletzt fünf verschiedene BesitzerInnen und war in einem desolaten Zustand. 1967 wurde es unter Denkmalschutz gestellt. 1981 erwarb die Gemeinde das Schlössle samt 62 ha Grund von den verschiedenen EigentümerInnen. Die Gemeindevertretung unter Bürgermeister Gerold Keckeis fasste 1987 einen Grundsatzbeschluss: Die Gemeindeverwaltung wird ins Schlössle verlegt und das damalige Gemeindehaus in ein Vereinshaus umgestaltet. Gleichzeitig beauftragte das Bundesdenkmalamt eine ausführliche Bauanalyse.

Sanierung mit Vision
Mit der Planung und dem Umbau beauftragt wurde Architekt Rainer, auf dessen Idee ein neuer Anbau im Nordosten errichtet wurde. Dadurch blieb wertvolle historische Bausubstanz im Inneren erhalten und die Erschließung samt Einbau eines Liftes, feuersicherem Archiv und WC-Anlagen waren mit einem Schlag gelöst. Bei den bestehenden Gebäudeteilen wurden die Mauern trockengelegt und der Außenputz saniert. Das Dach wurde neu eingedeckt und Kastenfenster mit Sprossen eingebaut. Im Inneren wurden die Holz- und Stuckdecken restauriert und Dekorationsmalerei freigelegt.

Zwei Jahre (1987 bis 1989) dauerten die Restaurierungsarbeiten. Berichte aus dieser Zeit lassen darauf schließen, dass es eine Zeit des Miteinanders und der Kooperation war – ein gemeinsames Werk von Architekt Rainer, Bundesdenkmalamt und heimischen Betrieben, unterstützt von der Gemeinde Röthis. Dies war für alle ein zukunftsweisendes Projekt, das mit Vorbildwirkung zeigen sollte, was aus alter Bausubstanz entstehen kann. Dank seiner Funktion als Gemeindeamt, Standesamt und Veranstaltungsraum sollte es ein offener Ort für die Bevölkerung sein.

Im 1. Obergeschoss befindet sich heute das Gemeindeamt. Die prunkvolleren Räume im 2. Obergeschoss beherbergen den Trauraum, einen Mehrzwecksaal für Sitzungen, Konzerte und Trauungen sowie ein weiteres kleines Sitzungszimmer. Im Erdgeschoss, lange als Zahnarztpraxis genutzt, ist eine Anwaltskanzlei ansässig. Die Kellerräume werden für Veranstaltungen oder Weinverkostungen genutzt.

Heute können die Planer und Macher von damals zu Recht stolz sein, denn ihre Vision ist Realität geworden. Das Schlössle in Röthis ist und bleibt eine vorbildliche Sanierung im Sinne der Denkmalpflege und funktioniert vor allem im Alltag für seine Nutzer.


Weiterführende Informationen zum Röthner Schlössle und seinen Besitzern finden Sie im untenstehenden Download.